Herausforderung familiäre Pflege
Seit 2009 hat der Caritasverband für das Dekanat Meißen e. V. ein spezielles Angebot für Menschen mit Pflegebedarf und deren An- und Zugehörige: geschulte ehrenamtlich Mitarbeitende leisten stundenweise Unterstützung in diesen Familien. Die Koordination der Ehrenamtsarbeit, die als Leistung bei der Pflegeversicherung der Betroffenen abrechenbar ist, wird von Fachkräften übernommen. Sie beraten die Familien und unterstützen bei Anträgen zur Pflege.
Das Angebot ist stetig gewachsen. Mussten in den ersten Jahren noch eher mühsam Einsatzstellen für die ehrenamtlich Tätigen gesucht werden, hat sich heute die Situation dahingehend gewandelt, dass wöchentlich neue Anfragen an allen drei Standorten Döbeln, Meißen und Riesa eingehen. Wir könnten nun mehr Ehrenamtliche einsetzen, als ausgebildet und einsatzbereit zur Verfügung stehen.
Bedarf an ehrenamtlich Engagierten ist hoch
Damit zeigt sich hier ein Bild, das die allgemeine Situation im Pflegesektor widerspiegelt. Es fehlt an Personal und an passenden Angeboten in fast allen Bereichen der Pflege. Unsere Betreuungs- und Entlastungsdienste sind deshalb von einem Nischenprodukt zu einem nicht mehr wegzudenkenden Leistungserbringer geworden. Wir arbeiten für die Betroffenen kostengünstig, individuell und vertrauensvoll mit Bezugs-Ehrenamtlichen. Damit agieren wir im Prinzip nach einem Modell, das in der Wissenschaft bzw. in Fachkreisen als Caring Community - als sorgende Gemeinschaft bezeichnet wird. Der Begriff steht für Verantwortungsstrukturen auf regionaler und lokaler Ebene, die es zu beleben und zu gestalten gilt. Denn die ehrenamtlich Tätigen erhalten zwar eine kleine Aufwandsentschädigung, der Hauptgrund für ihr Engagement liegt jedoch im Wunsch, sich für andere Menschen einzusetzen und Gutes zu tun. Mit der hauptamtlichen Koordination, die Fortbildung, Austausch und Organisation garantiert, gelingt dies auf befriedigende Art und Weise.
Beratungsanfragen deutlich gestiegen
Zugenommen haben auch die Beratungsanfragen an den Verband zum Thema Pflege, also Anfragen, die nicht vordergründig eine regelmäßige Leistungserbringung zum Ziel haben, sondern nur ein- oder zweimalig Kontakt zu den Fachkräften suchen, um konkrete Fragestellungen zur Pflegesituation vorzubringen. Erstaunlich ist hier, von wo aus die Zugänge kommen: Krankenhäuser der Region, das Uniklinikum Dresden, Freunde und Bekannte, andere Beratungsstellen, inzwischen auch Hausärzte. Ein Wohlfahrtsverband ohne eigenen Pflegedienst wird als kompetenter Beratungspartner im Kontext Pflege gesehen - auch das zeigt, wie sich etablierte Strukturen ändern und sich zukunftsweisend entwickeln. Wir alle werden uns mehr vernetzen, engagieren und sozial verbinden müssen, um Menschen über alle Lebensalter hinweg bis zum Tod ein würdevolles Leben zu ermöglichen.
Pflege-Selbsthilfe soll gestärkt werden
Um pflegenden Angehörigen in ihrem häufig geäußerten Wunsch nach Austausch, Wissenstransfer und sozialer Einbindung entgegenzukommen, möchte der Verband ab 2024 in Döbeln eine Pflege-Selbsthilfe-Kontaktstelle aufbauen. Der Landkreis Mittelsachsen hat dafür sein Einverständnis gegeben, ein Förderantrag ist beim Kommunalen Sozialverband Sachsen gestellt. Selbsthilfe organisiert sich bislang krankheits-spezifisch, es gibt also z. B. Gruppen für Menschen mit Demenz oder deren Angehörige, Gruppen bei Parkinson, Krebs, Sucht, Depression etc. Die spezifische Situation pflegender Angehöriger ist jedoch bei allen Krankheitsbildern ähnlich: zeitliche, emotionale und auch finanzielle Überlastung sind häufige Begleitsymptome. Nicht selten besteht die Gefahr, dadurch selbst krank zu werden. Deshalb kann die Pflege-Selbsthilfe-Kontaktstelle mehr als üblich Unterstützung bei der Organisation der Gruppen gewähren. Hier bringen wir Erfahrung, Wissen und Vernetzung mit und freuen uns auf diese neue Aufgabe.
Doris Walther