Sozialarbeit in der Kita
Mit dem Projekt "Kinderstärken 2.0" fördert das ESF Plus-Programm mit Beteiligung des Freistaates Sachsen nunmehr 281 Kitas und Horte auf Landesebene, 12 davon in Meißen. Neben den städtischen Einrichtungen sind wir als Franziskus-Kinderhaus in Trägerschaft des Caritasverbandes Meißen e. V. seit September 2023 mit dabei. Das Projekt richtet sich an Kinder mit besonderen Lern- und Lebenserschwernissen und unterstützt im Rahmen ergänzender Sozialer Arbeit Kinder und Familien in riskanten Lebenslagen. Die Fachkräfte, die für die Umsetzung zuständig sind, werden analog zur Schulsozialarbeit Kitassozialarbeiter:innen genannt. Eine davon bin ich. Und ich darf nun nach und nach das Kinderhaus kennenlernen.
Unsere Einrichtung mit 63 Plätzen, nehme ich wie einen Bienenstock wahr, der viele unterschiedliche Akteure auf engem Raum versammelt. Im übertragenen Sinne "summt und brummt" es hier in den unterschiedlichsten Sprachen, hier "fliegen" Menschen aus 14 Nationen ein und aus und glauben (wenn nicht an nichts oder anderes) an Gott, Allah oder Jahwe. Innerhalb der christlichen Religion ordnet man sich noch evangelischen, katholischen und orthodoxen Gemeinschaften zu. Dieser "Bienenstock" ist ein lebendiger, vielfältiger Lebens- und Lernort, der (vielleicht gerade deshalb) von Offenheit und Wertschätzung untereinander geprägt ist.
Unser Kinderhaus wird von Familien besucht, die für ihre Kinder das klare religionspädagogische Profil und die Nähe zur katholischen Kirchgemeinde schätzen. Andererseits ist es eine Einrichtung im struktur- und einkommensschwachen Stadtteil Triebischtal, die sich für die Menschen aus dem Kiez mit und ohne Migrationshintergrund etabliert hat.
Daraus ergeben sich vielfältige Herausforderungen und Problemlagen. Nach zwei Monaten meiner Einarbeitungszeit stelle ich fest, so bunt und individuell wie die Familien, sind auch ihre Themen. Bei Familien mit Migrationshintergrund - rund ein Drittel unserer Familien - nehme ich vielfältige Lebenserschwernisse wahr. Zum einen ist es die Sprachbarriere, die trotz Engagement der Eltern zu Isolation führen kann. Da sind die veränderten Lebensverhältnisse, mit denen Familien aus traditionellen Großfamilien zurechtkommen müssen. Reduziert auf die Kernfamilie sind der Muttersprachenerwerb und die Erziehung der Kinder nicht mehr so selbstverständlich. Konsumieren die Kinder dann noch in hohem Maß digitale Medien, sind Sprach- und Entwicklungsstörungen vorprogrammiert. Zum anderen spielen prekäre Arbeitsverhältnisse und finanzielle Sorgen eine Rolle. Aber auch ohne zusätzliche Belastung aufgrund von Migration und Flucht, kann das Leben vielfältige Herausforderungen bereithalten. Da zeigen sich Überforderungstendenzen mit Kindern im sozialen, emotionalen und sprachlichen Bereich.
Nicht selten fühlen sich pädagogische Fachkräfte im Alltag gestresst und unter Druck. Sie sehen, dass die Betreuung der Kinder nicht mehr ausreicht, um den wachsenden Bedarfen der Familien gerecht zu werden: Sprachbarrieren, Verständnisschwierigkeiten, Beratungssaufgaben in den Bereichen: Kindererziehung, gesundes Essen, Mediennutzung etc. Dazu kommen interkulturelle Aushandlungsprozesse, die Zeit benötigen.
Kitasozialarbeit setzt an diesen standortspezifischen Herausforderungen an. Ziel ist es, förderliche, zielgerichtete und spezifische Angebote und Unterstützung zu entwickeln. Die sozialpädagogischen Handlungsprinzipien wie z. B. Alltags- und Lebensweltnähe, Niederschwelligkeit und Ressourcenorientierung, werden in der Entwicklung geeigneter Vorhaben mitgedacht und umgesetzt. Neben dem Blick auf die Akteure in der Einrichtung vernetzt sich Kitasozialarbeit im Gemeinwesen und kooperiert mit anderen Institutionen.
Es gilt gemeinsam mit den Eltern herauszufinden, wie Unterstützung gelingen kann. Auf diesem Weg sind die kleinen Veränderungen gemeinsam wahrzunehmen und miteinander zu feiern. Das bereichert, weckt schlummernde Ressourcen und öffnet den Blick für Lösungen und neue Perspektiven.
Wie geht es nun weiter? Neben meiner Einarbeitungszeit steht die Erarbeitung einer sorgfältigen Analyse der Bedarfe von Kindern, Eltern und des Teams im Vordergrund. Ich möchte schweifend neugierig sein. So stelle ich Fragen, formuliere und reflektiere meine Beobachtungen im Team, knüpfe Kontakte und versuche zu verstehen, was ist und was es bedeutet. Da kann einem schon mal der Kopf schwirren. Puh.
All diese Informationen fließen in die Erarbeitung eines Ziel- und Maßnahmenplan ein. In Zusammenarbeit mit der Koordinierungs- und Beratungsstelle vom Zentrum für Forschung, Weiterbildung und Beratung an der Evangelische Fachhochschule Dresden, die den Prozess inhaltlich und wissenschaftlich begleiten, werden die nächsten Schritte und Vorhaben formuliert und festgeschrieben. Davon wird zu berichten sein.
Förderhinweis
Die Maßnahmen im Rahmen des Projektes KINDER STÄRKEN 2.0 werden kofinanziert durch die Europäische Union und mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.